Über das Ich und das Selbstbewusstsein

Nach den Forschungen zum Bewusstsein bin ich der Frage nachgegangen, was Selbstbewusstsein ist und worin es gründet. Dabei bin ich auf das sogenannte Ich gestoßen, das unweigerlich mit dem Selbstbewusstsein verbunden ist, und umgekehrt genauso. Ich denke, man kann gut von den Beständen ausgehen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts – also nach einer langen philosophischen Tradition und bereits intensiver psychologischer Forschung – in den philosophischen Wörterbüchern dokumentiert sind.

Selbstbewußtsein ist, als Correlat des Außenweltsbewußtseins, das Bewußtsein des eigenen Selbst, des Ich als des einheitlichen, permanenten, mit sich identischen, actionsfähigen Subjects individueller Erlebnisse. Das Selbstbewußtsein entwickelt, expliciert sich parallel mit dem Außenweltsbewußtsein durch immer weiter gehende Unterscheidung des ursprünglich noch wenig differenzierten Bewußtseinsinhaltes und durch Selbstbesinnung, Reflexion des Denkens auf sich selbst. Zunächst erfaßt das Subject sich als Object unter Objecten, als Leib, gegeben in einem bestimmten festen Zusammenhange von Empfindungen, Gefühlen, Strebungen. Die Tatsache der größeren Constanz des LeibComplexes, ferner die Erscheinung des Schmerzes, der »doppelten Tastempfindung« beim Berühren des eigenen Leibes, die größere Herrschaft über den Leib bezüglich der Bewegung u.s.w., ferner das sociale Moment des Verkehrs mit andern Subjecten lassen das (im Ichgefühl ursprünglich wurzelnde) Selbstbewußtsein zu einem immer deutlicher werdenden Wissen um ein Selbst sich entwickeln. Der Unterscheidungsproceß geht allmählich dahin, das Selbst immer mehr zu centralisieren, immer mehr aus der Vielheit in die Einheit zu ziehen, immer formaler werden zu lassen. Gilt zuerst der lebendige, beseelte Leib als das Selbst, so wird später das Selbst durch einen einheitlichen Complex von Bewußtseinsinhalten, Vorstellungen vertreten, um schließlich auf das wollend-denkende Subject, auf den vorstellenden Willen sich zu concentrieren, der nun bewußt alles andere sich als Object gegenüberzustellen vermag. Das Selbstbewußtsein ist nicht Spiegelung eines hinter dem Bewußtsein steckenden unbekannten Wesens, sondern es ist ein sich in sich als Selbständiges setzendes, seiner unmittelbar als Realität Gewisses, nur aber niemals in seiner absoluten Totalität und Reinheit empirisch Gegebenes, Erkanntes, sondern über alles Gegebene stets hinausragend, lebendige Actuosität, Actualität, die sich selbst immer wieder fixiert (s. Ich, Subject). Selbstbewußtsein ist auch das Bewußtsein eines Erlebnisses, Tuns als Zustand, Betätigung des Ich, also (urteilende) Beziehung eines Erlebnisses auf das Ich, auf das Subject, (reflexives) Bewußtsein des (functionellen) Bewußtseins.

Historisch wird das Selbstbewußtsein bald als ursprünglich, bald als Entwicklungsproduct, als unmittelbar oder als vermittelt angesehen, es gilt bald als Erfassung eines Transcendenten (s. d.), bald als Selbstrealität, bald als substantiale oder actuale Realität, bald als Erscheinung, Schein, bald als absolute Einheit, bald als gegliederte Vielheit (vgl. Ich). [Es folgt ein Überblick über die Geschichte des Verstehens.] Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 1904

Ich (ego) bezeichnet für den Sprechenden oder Denkenden die eigene Person. Unter Person aber verstehen wir die individuelle und kontinuierliche Einheit des Bewußtseins, welche durch das Leben im Wechsel der körperlichen und geistigen Zustände und Tätigkeiten, die sich in demselben abspielen, fortbesteht. So bestimmt, heißt das Ich: individuelles Ich. Dieser Begriff des individuellen Ichs gründet sich nur auf das Gefühl des Zusammenhanges aller eigenen psychischen Erlebnisse. Die Realität dieses Ichs erscheint aber dem naiven Menschen, der über das erste Kindheitsstadium hinaus ist, so gewiß, daß die Formel: »so wahr ich bin« eine der stärksten Beteuerungen der Realität ist. Für den Unmündigen (d.h. das Kind, den Naturmenschen und den Ungebildeten) fällt dabei zunächst das Ich offenbar ganz mit dem Leibe zusammen, denn durch Gesicht und Getast, Gemeingefühl, Muskelempfindung und Schmerz wird es alsbald der Außenwelt entgegengestellt. Durch den Leib treten wir in Erscheinung, orientieren wir uns im Räume, treten wir mit der Welt in Wechselwirkung und vergewissern wir uns, ob wir wachen oder träumen. Er ist der Sitz unserer Vorstellungen, Gefühle und Bestrebungen. Das individuelle Ich ist also in erster Linie das leibliche Ich. – Allmählich aber lernt der Mensch, daß sein Ich nicht mit dem Leibe identisch sei. Denn dieser kann sehr wohl verletzt oder verstümmelt werden, ohne daß jenes sich dadurch ändert, und jenes kann an Tiefe, Umfang und Klarheit zunehmen, während der Leib verfällt. Infolgedessen sehen wir das Ich als den ideellen Kern unseres Wesens, als seelisches Ich, an, das seine lange Entwicklungsgeschichte je nach den verschiedenen Verhältnissen unseres Lebens hat. So schwer es auch ist anzugeben, was dasselbe eigentlich in einem bestimmten Moment sei, so drängt sich seine Kontinuität, Einheit und Identität jedem leicht auf; es ist zunächst die Summe aller unserer Lebenserfahrungen, die Seele selber. Die Existenz dieses empirischen Ichs spricht Cartesius (1596 bis 1650) in dem berühmten Satze aus: Cogito, ergo sum, Ich denke, also bin ich; d.h. ich bin ein Denkendes, folglich existiere ich als Subjekt des Denkens. Dieses Ich ist nichts körperlich, sinnlich Wahrnehmbares; es erscheint selbst nicht; ja auch seine Daseins-Äußerungen treten nicht äußerlich in die Erscheinung. Dritte nehmen nur körperliche Modifikationen wahr, welche ein äußerlicher Ausdruck dessen sind, was im Innern des Ichs vorgeht. Es ist zunächst nur sich selbst bekannt, im Selbstbewußtsein gegeben. Aber aus seinen Äußerungen beim Mitmenschen schließen wir von uns aus ebenfalls für sie auf ein Ich. Freilich nimmt dieses Schließen bald auch infolge unserer eigenen Erlebnisse, der Übung und der Verständlichkeit der Äußerungen fast den Charakter der Unmittelbarkeit an. Wirklich bewußt wird jedem jedoch nur sein eigenes Ich. Die Äußerungen des Ichs aber sind Empfindung, Gefühl, Sinnesperzeption, Vorstellen, Wollen und Handeln. Diese Akte treten nie unvermischt auf, sondern immer in Verbindung miteinander und sind zum Teil der Isolierung gar nicht fähig. Alle aber werden dem Ich im Bewußtsein offenbar; es ist also das Innewerden, das klare, innerliche Auffassen, Haben und Festhalten der objektiven und subjektiven Erscheinungen in ihrem Detail wie in ihrer Totalität die Grundeigenschaft des Ichs. Man könnte das Ich daher mit einem Lichte vergleichen, das sich ruhig, doch intensiv über die Gegenstände ausgießt, aber ohne einen Gegenstand sich nicht manifestieren kann. Dieses Ich gilt dabei als der Träger des Bewußtseins, nicht als das Bewußtsein selbst; auch erscheint der Inhalt des Ichs durch das Bewußtsein nicht vermehrt, sondern nur erleuchtet. – Das Ich ist zwar ein Individuelles, aber auch ein bei allen gesunden Menschen Verwandtes und gleichen Gesetzen Unterworfenes. Sein spezieller Gegenstand ist aber immer das eigene Selbst; in dieser Hinsicht heißt es Selbstbewußtsein oder reines Ich. Aber dieses Selbstbewußtsein, insofern es die Erfahrung des eigenen Ichs als Trägers des Bewußtseins zu sein vorgibt, ist eine Selbsttäuschung. Es existiert in Wahrheit nicht. Das Selbstbewußtsein besteht nur darin, daß die Lebensäußerungen des Ichs ein Gegenstand des Bewußtseins werden. Das Ich selbst – und das ist die Schranke des Selbstbewußtseins – ist uns nur durch seine Zustände und Tätigkeiten in der Erfahrung gegeben. Das Ich als Träger aller Bewußtseinsvorgänge, als Substanz oder Ursache unabhängig von seinen Zuständen, das reine Ich wird nie von uns erkannt. Wir erschließen es nur entweder als eine geistige Substanz oder als eine geistige Energie, als individuelle Seele, oder wie wir es sonst nennen, um das Ruhende in der Flucht der Erscheinungen um das Bleibende im Wechsel, um den Zusammenhang unseres individuellen Daseins zu erklären; und so gewiß uns im Bewußtsein ein Faktor des Daseins gegeben ist, der neben den Erscheinungen des materiellen Lebens ein Stück oder der Kern des Daseins ist, so gewiß ist das reine Ich doch auch nur die metaphysische Hypothese, durch die wir die innere Erfahrung abschließen, verallgemeinern und ergänzen. Kirchner-Michaelis: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe, 1907 Erläuterung: Gemeingefühl, Lebensgefühl, bezeichnet die auf innere Zustände des lebenden Körpers sich beziehenden Empfindungen im Gegensatze zu den durch äußere Eindrücke hervorgerufenen.

Was ich in beiden Artikeln beachtlich finde, ist neben den begrifflichen Unterscheidungen die Tatsache, dass Selbstbewusstsein und Ich nicht als feste Größen behandelt werden, sondern als sich im Leben entwickelnde, wobei beim Ich auch Faktoren genannt werden, die dessen Entwicklung bedingen; und dann der Hinweis, dass es ein eigenständiges Selbstbewusstsein eigentlich nicht gibt. – Sie können auch noch die Artikel „Ich“ bei Kirchner-Michaelis und „Selbstbewusstsein“ in Eislers Handwörterbuch der Philosophie (1922) lesen.

Wenn man schaut, was heute zu unserem Thema geforscht und gelehrt wird, kann man vielleicht Folgendes zusammenfassend sagen: 1. Es gibt drei methodische Zugänge zum Thema: den am Erlebnisaspekt (Ich-Perspektive) orientierten, die kognitive Psychologie (Rolle bei der Informationsverarbeitung) und die Neurowissenschaften (welche Teilstrukturen des Gehirns wirken bei psychischen Prozessen mit) – die beiden letzten betrachten das Psychische aus der neuralen (natur)wissenschaftlichen Perspektive der 3. Person. (Dorsch.Hogrefe, Art. „Bewusstsein“) Ergänzend muss auf die aus dem Angelsächsischen stammende analytische Philosophie hinweisen, die sich im Anschluss an Wittgenstein am tatsächlichen Sprachgebrauch des Pronomens „ich“ abarbeitet. 2. In der Entwicklungspsychologie wird untersucht, wie sich das Selbstbewusstsein von frühester Kindheit an im Zusammenspiel mit anderen Menschen und der eigenen Körper- und Welterfahrung entwickelt. 3. Die Frage, wie die Kohärenz unserer Erlebniswelt entsteht, ist völlig ungeklärt.

Die Ich-Perspektive (in der Verflechtung mit anderen Personen)

Die sprachanalytische Philosophie (Sprachphilosophie, analytische) untersucht die mit dem Gebrauch des Pronomens »i.« einhergehende Funktion der Selbstreferenz des Sprechers sowie die damit verbundenen epistemischen Einstellungen, um u.a. auf diese Weise Anhaltspunkte für eine Klärung des Sachverhalts »Selbstbewusstsein« zu gewinnen. Nach Strawson ist nicht eine körperlose Ego-Substanz das ausgezeichnete Referenzobjekt des Ausdrucks »I.«, sondern der Sprecher, der mittels dieses Pronomens auf sich verweist. Folgt man Strawson, so ist die Idee einer reinen Ego-Substanz das Ergebnis einer Fehlinterpretation des Sachverhalts, dass die Selbstzuschreibung von Bewusstseinszuständen weder auf Beobachtung beruht noch hinsichtlich der »Identifikation« des Referenzobjektes fehlgehen kann. Diese beiden Besonderheiten im Gebrauch des Ausdrucks »i.« bei der Selbstzuschreibung mentaler Zustände berechtigen nicht dazu, auf eine distinkte Ego-Substanz zu schließen. Mit dem Pronomen »i.« wird also nicht identifiziert (wie etwa äußere Gegenstände identifiziert werden), sondern eine identifizierbare Person gemeint. Metzler Lexikon Philosophie: Ich (ausführlich eine Dissertation über die theoretische Entwicklung Wittgensteins ) In der Nähe dieser Überlegungen bewegen sich Uwe Meyer: Selbstbewusstsein und Ich-Bewusstsein und Kritina Musholt: Selbstbewusstsein als perspektivische Differenzierung (beide unbedingt lesenswert!).

Stufen der Entwicklung

Der gerade genannte Aufsatz Kristina Musholts gehört hierhin, auch der Artikel „Selbstbewußtsein“ im Lexikon der Neurowissenschaft. Damit ist zunächst die Entwicklung des Individuums gemeint, aber auch die Evolution der Gattung homo sapiens bzw. der Lebewesen:

In der Philosophie, Kognitionspsychologie und Neurowissenschaft bezeichnen Selbst- und Ich-Bewußtsein eine komplexe kognitive Eigenschaft oder Fähigkeit bzw. einen Sonderfall von Bewußtsein höherer sozialer Organismen, die eine spezielle Form des Wissens, der Repräsentation und der Zuschreibung ermöglicht. Selbst- und Ich-Bewußtsein sind nicht von Anfang an vorhanden, sondern entstehen ausgehend von angeborenen Dispositionen im komplexen Wechselspiel mit der physischen und sozialen Umwelt, und sie hängen von einer subjektiven Perspektivität infolge eines zentrierten Informationserwerbs durch die Sinnesorgane ab (Exterorezeption), von einer Körperwahrnehmung durch weitere Sinnesorgane (Propriorezeption) und durch die Erfahrung und Ergebnisse der eigenen Handlungen. Man kann unterscheiden zwischen: 1) Primäres Selbstbewußtsein (E primary self-consciousness): Es ist implizit und durch einen phänomenalen Gehalt der Meinigkeit gekennzeichnet, d.h. einen Sinn, sich selbst zu gehören (E sense of ownership). 2) Höherstufiges Selbstbewußtsein (E higher-order self-consciousness): Es ist explizit, reflexiv und begrifflich. Dazu gehören Selbstwahrnehmung oder Selbstbewußtsein im engeren Sinn (E self-awareness), Selbsterkennen (E self-recognition) z.B. im Spiegel (was nur bei Menschen ab etwa dem 18. bis 24. Lebensmonat, bei Menschenaffen und neuerdings auch bei Delphinen nachgewiesen ist; Spiegelbild-Erkennung), Selbstwissen (E self-knowledge) – ein spezifisches Wissen (de se-Attribution), über das man sich nicht täuschen kann wie z.B. über Wahrnehmungen oder über Sachverhalte, die externe Fakten betreffen – und Introspektion. Ich-Bewußtsein (E I-consciousness) ist eine besonders elaborierte Form dieses höherstufigen Selbstbewußtseins, die verbalisierbar, d.h. an Sprache gebunden ist, eine Perspektive der ersten Person und somit eine Subjekt-Objekt-Trennung ermöglicht und auf einem Selbstmodell (E self-model) basiert (Persönlichkeit und Personalität). Dadurch werden autonome Handlungen möglich (Wählen, Willensfreiheit), d.h. eine Selbstbestimmung, die nicht auf ein rein Reiz-Reaktion-bedingtes Verhalten reduzierbar ist. Außerdem entsteht ein autobiographisches Selbst, das auf dem episodischen Gedächtnis beruht und z.B. bei einer transienten globalen Amnesie vorübergehend erlischt. Ein elaboriertes Selbstbewußtsein scheint in der Evolution bei Arten selektiert worden zu sein, die in komplexen Sozialgefügen leben, wo es z.B. darauf ankommt, die Aktionen der Gruppenmitglieder abzuschätzen, bei altruistischem Verhalten nicht ausgenutzt zu werden und sich selbst in den Hierarchien durch Bündnisse nach oben zu arbeiten und so den Fortpflanzungserfolg zu steigern. Rudimentäre Formen von Selbstbewußtsein und mentalen Fähigkeiten allgemein, ja des Nervensystems generell, scheinen dagegen eine Voraussetzung für die Motorik vielzelliger Lebewesen zu sein. Sensomotorische Repräsentationen und die Fähigkeit, kurzfristige künftige Bewegungen von Objekten in der Umwelt vorauszusehen und bei der Steuerung des eigenen Verhaltens zu berücksichtigen, sind nämlich wesentliche Voraussetzung für die Ausbildung komplexer Bewegungen. Das Selbst ist gleichsam die Zentralisierung dieser Handlungssteuerung; es muß aber nicht notwendig bewußt sein. Antonio Damasio unterscheidet daher zwischen unbewußtem Proto-Selbst sowie bewußtem Kernselbst und autobiographischem Selbst (siehe Tab.).

Stufen und neuronale Grundlagen des Selbst

Stufen des Selbst

hypothetische neuronale Grundlagen

Proto-Selbst: Ansammlung von wechselseitig verbundenen und zeitweise zusammenhängenden neuronalen Mustern (Repräsentationen erster Ordnung), die den Zustand des Organismus von Augenblick zu Augenblick auf verschiedenen Ebenen des Gehirns repräsentieren. Wir sind uns des Proto-Selbst nicht bewußt.

phylogenetisch alte Hirnstrukturen überwiegend nahe der Mittellinie, die an der Körperregulation und -repräsentation beteiligt sind: Hirnstammkerne, Hypothalamus, somatosensorische Rindenfelder, insbesondere rechtsseitig

Kernselbst: stabiler, einfacher, uns bewußter Teil nichtsprachlicher Repräsentationen zweiter Ordnung, der durch Modifikationen des Proto-Selbst durch Objekte (z.B. externer Gegenstand oder Körperzustand) hervorgerufen wird. Das Kernselbst ist Teil des Kernbewußtseins, das ganz in der Gegenwart verhaftet ist.

Colliculi superiores im Tectum des hinteren Mittelhirn, cingulärer Cortex, Thalamus, einige präfrontale Rindenfelder; Modulation durch cholinerge und monoaminerge Kerne im basalen Vorderhirn und Hirnstamm sowie durch thalamocorticale Prozesse

autobiographisches Selbst: veränderliches, komplex strukturiertes, uns bewußtes und in der Regel (aber nicht notwendig) auch sprachliches Selbstmodell, das eine personale Identität konstituiert und auf dem episodischen Gedächtnis, vielen impliziten
Erinnerungen und der antizipierten Zukunft sowie der sozialen Umgebung (Kultur) beruht. Es basiert auf permanenten, aber dispositionalen Aufzeichnungen von Kernselbst-Erfahrungen, die in explizite Vorstellungen verwandelt werden und sich ändern können. Das autobiographische Selbst ist Teil des erweiterten Bewußtseins, das die Gegenwart transzendiert (Zeit und Gehirn).

Anthropologische Bedeutung des Selbstbewusstseins

Für uns Menschen spielt Selbstwissen eine zentrale Rolle. Nicht als das, was uns als bewusstseinsfähige Lebewesen auszeichnet, sondern als das, wodurch wir rationale und selbstkritische Subjekte werden. Rational und selbstkritisch zu sein heißt beispielsweise in der Lage zu sein, sich selbst Fehler einzugestehen. Dabei geht es etwa darum, die eigenen Überzeugungen und Handlungen den bestehenden Tatsachen anzupassen. Um das tun zu können, reicht es nicht, die Welt abzubilden, um sie etwa mit den eigenen Handlungen zu vergleichen. Man muss auch noch erkennen, für welche Überzeugungen und für welche Handlungen die bestehenden Tatsachen Gründe liefern. Tatsachen liefern Gründe im Lichte bestimmter Ziele. Sind Überzeugungen auf Wahrheit ausgerichtet und Handlungen auf Nutzen, so liefert eine Tatsache einen Grund für eine Überzeugung, wenn sie für dessen Wahrheit spricht, und für eine Handlung, wenn sie für den Nutzen deren Wirkung spricht. Weiss ich nicht, was ich glaube und was ich tue, so kann ich nicht wissen, was ich stattdessen glauben sollte und was ich stattdessen tun sollte. So gesehen bildet Selbstwissen die Voraussetzung einer selbstkritischen rationalen Einstellung.

Schaut man sich allerdings die Sache etwas näher an, so erkennt man, dass Selbstwissen eigentlich mehr als nur eine Voraussetzung der selbstkritischen Rationalität bildet. Selbstwissen und selbstkritische Rationalität sind zwei Seite einer Medaille. Es ist nicht so, dass da mein Wissen über meine Überzeugungen und meine Handlungen liegt und dort meine kritische Einstellung dazu. Es ist eher so, dass ich Überzeugungen und Handlungen gerade als meine erkenne, insofern sie meine selbstkritische Rationalität zum Ausdruck bringen. Ich betrachte sie nicht nur als Reaktionen auf bestehende Gründe, sondern als meine Reaktionen auf Gründe, die für mich bestehen. Ich fühle mich für sie verantwortlich und bin gerade deswegen bereit, sie zu korrigieren, wenn sie mir falsch erscheinen. Im Selbstwissen präsentieren sich meine Überzeugungen und meine Handlungen als Tätigkeiten der selbstkritischen Rationalität.

Rational und selbstkritisch zu sein beinhaltet die Fähigkeit, sich selbst zu bestimmen. Ich bestimme, was ich glaube und was ich tue, im Lichte der vorgelegten Ziele und der vorhandenen Gründe. Am Ende bestimme ich, was ich von der Welt halte und wie ich bedenke, mich darin zu verhalten, indem ich mir immer wieder die Frage stelle, was ich glaube und was ich tue. Selbstwissen in diesem Sinn ist eine Form von Selbstbestimmung. G. Soldati: Selbstbewusstsein und Selbstwissen

Was in dieser Übersicht fehlt, sind die Arbeiten der sogenannten Heidelberger Schule (Dieter Henrich u.a.), deren Überlegungen in der Tradition des deutschen Idealismus stehen, welche aber nicht knapp zusammengefasst werden können (vgl. Aufsatz Manfred Franks). – Was man noch zur Kenntnis nehmen könnte:

http://www.protosociology.de/Download/Frank-Selbstbewusstsein.pdf („Selbstbewusstsein“ im Metzler Lexikon Philosophie)

https://www.spektrum.de/news/wer-bin-ich/1063967 (Wer bin ich? einfach, umfassend)

https://www.spektrum.de/news/wo-bin-ich/1185079 (Suche nach dem Selbst, neurophysiol., von Phil. angestoßen)

https://www.youtube.com/watch?v=o8-mkfW_3Eo (Gert Scobel: Was ist das Ich? ZDF 20‘, i.W. Searle, geschichtl.; gut, anschaulich)

https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/denkt-die-person-oder-das-gehirn-4667 (Metzinger: mentale Kontrolle ist eine Illusion, wir denken unkontrolliert)

https://www.ursachewirkung.com/leben/735-wer-ist-ich-was-ist-ich-warum-ist-ich (abschreckendes Beispiel: Verzicht auf wissenschaftliche Untersuchungen)

https://dewiki.de/Lexikon/Ich-Psychologie (Ich-Psychologie, u.a. Ich-Funktionen)

https://dspace.ub.uni-siegen.de/bitstream/ubsi/430/1/kwon.pdf (Selbstbewusstsein und Reflexion in der Philosophie Fichtes, Diss.)

Es gibt eine Regensburger Dissertation von 2010, und zwar von Marco Merk: Selbstbewusstsein im Deutschen Idealismus. Hier wird die philosophische Bedeutung des Selbstbewusstseins von Kant über Reinhold, Fichte (mit Schulzes Aenesidemus-Schrift), Schelling, Hölderlin, Fichte, Schelling zu Hegel verfolgt – leider weithin nur in größeren Zitaten und in einer banausischen Sprache, die einen beim Lesen verrückt macht.

Stolzenberg: Selbstbewusstsein, ein Problem der Philosophie nach Kant (1994)

D. Henrich: Die Grundstruktur der modernen Philosophie (Referat)

Kurzes Referat des Vortrags aus der Perspektive des Autors:

1. Von Hobbes stammt das Prinzip der Selbsterhaltung zur Legitimation des Staates wie als Prinzip der eigenen Lebensführung, wo es den Bestand des Begehrens sichert. Mit dem Prinzip der Selbsterhaltung stellt sich der Mensch gegen ein Selbstverständnis, das sich in einen sinnvollen Kosmos einordnet.

2. Newton hat gelehrt, dass jeder Körper in seinem Bewegungszustand verharrt, wenn keine Kraft auf ihn einwirkt; Selbsterhaltung ist also eine Kraft. Parallel steht bei Descartes der ontologische Gottesbeweis, dass Gott sich aus eigener Macht ins Sein bringt und erhält.

3. Zur Vorgeschichte des Begriffs: Aristoteles kannte die (Selbst)Erhaltung der Art als Ziel der Fortpflanzung; im Wechsel der gleichen Wesen ist etwas wie Beständigkeit erreicht. Mehr aber streben alle Wesen noch nach dem Grund des Guten, nach Gott (Thomas von Aquin). – Nach der Stoa ist jedoch jeder Geist in ihm selbst, in ihm lebt ein Teil des Urfeuers; dieser Erkenntnis geht voraus, dass man ursprünglich seiner selbst gewahr werden kann (syneidesis). Aus dieser Vertrautheit mit sich entsteht erst der Trieb nach Selbsterhaltung. So ist mit dem Prinzip des Selbstbewusstseins ein neues Element in die Theorie eingebracht worden.

4. Seit dem 16. Jh. verwandeln an der Stoa orientierte Leitvorstellungen die Sprache der Philosophie und die Grundorientierung des Denkens. Im 19. Jh. wird die Bindung der Selbsterhaltung an eine göttliche Weltvernunft aufgelöst.

5. Heideggers Deutung der Moderne einseitig aus dem cartesianischen Moment des Bewusstseins und der grenzenlosen Macht der Subjektivität ist falsch. – Moderne Philosophie: Der auf sich gestellte Mensch wendet sich gegen überkommene Bindungen, und er braucht einen Begriff vom unverfügbar Gründenden, der die Energie der Selbstbehauptung legitimiert.

6. Der Dynamismus des modernen Lebens erklärt sich (gegen Heidegger) daraus, dass der Mensch sich in einem offenen Feld von Erkundungen sich seiner Wirklichkeit versichern kann. Es gibt verschiedene Versuche, die moderne Grunderfahrung zu verarbeiten: 1) franz. Revolution, Marx, Comte (Baconismus); 2) Leibniz und Hegel; 3) Skepsis; 4) Materialismus.

7. Eine moderne Philosophie muss u.a. eine Theorie des mit sich vertrauten Bewusstsein entwickeln, die Genese von Selbst und Bewusstsein erklären, das Bewusstsein sich mit seiner Genese und sich selbst verständigen lassen. „Die Philosophen müssen wissen, daß ohne sie die Hoffnung auf ein befreites Leben vergeblich bleiben wird.“ Die Zuwendung zu östlichen Meditationsformen bietet keine Lösung unserer Probleme, weil dort letztlich das Bewusstsein suspendiert wird.

Über Bewusstsein

Anlässlich der Konfrontation mit Hegel hatte ich beschlossen, den Begriff „Selbstbewusstsein“ zu klären; dann bin ich darauf gekommen, dass man am besten zunächst den Begriff des Bewusstseins klärt, ehe man sich dem Selbstbewusstsein zuwendet.

Das Bewusstsein ist seit der Antike bekannt – aber was es ist, weniger; umstritten ist es, und viele haben sich an der Klärung versucht und tun es immer noch. Ich beginne mit der Zusammenfassung dessen, was vor hundert Jahren im allgemeinen anerkannt war.

Bewußtsein bedeutet im allgemeinen den wachen Zustand des Geistes, in welchem sich Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle und Strebungen nebeneinander vorfinden (empirisches Bewußtsein). Es besteht darin, daß wir überhaupt Zustände und Vorgänge in uns vorfinden, kann aber seinem Grundwesen nach nicht erklärt werden. Aus dem empirischen Bewußtsein entwickelt sich durch Aufmerksamkeit und Willen die Bewußtheit der einzelnen Seelenzustände; der Mensch wird sich namentlich mit Hilfe der beständigen Sinnesempfindungen und Bewegungsvorstellungen, die er von seinem eigenen Leibe empfängt, seiner selbst bewußt. Dieses Unterscheiden schreitet allmählich weiter fort: der Mensch unterscheidet sich als Subjekt von seinen Vorstellungen, Empfindungen usw., und diese wiederum unterscheidet er von den Dingen, durch welche jene erregt wurden. Indem sich der Mensch als Ich im Gegensatz zum Nicht-Ich erfaßt, erhebt er sich zum Selbstbewußtsein.

Der erste Akt des Bewußtseins begreift also die Seelenzustände als Objekt, der zweite als zugehörig zu einem Subjekt, der dritte erkennt, daß das vorgestellte nur im vorstellenden Wesen, d.h. das Objekt im Subjekte, vorhanden ist. –

Das Bewußtsein ist eine Einheit, wenn auch eine sich allmählich verändernde Einheit, und als solche die Grundlage aller zusammenhängenden Erkenntnis, die uns mit der Wirklichkeit in Verbindung setzt.

Im weiteren Sinne spricht man von einem sittlichen, religiösen, politischen usw. Bewußtsein und meint damit eine Summe von Vorstellungen nebst deren Wertschätzung.

So habe ich den Artikel „Bewußtsein“ in Kirchners Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe (1907, https://www.textlog.de/1025) zusammengefasst. Die Essenz des Artikels in Eislers Handwörterbuch der philosophischen Begriffe (1922, ohne den folgenden historischen Überblick) sieht so aus:

1. B. im allgemeinsten Sinne ist das Psychische überhaupt; ein Bewußtsein haben heißt dann psychische Erlebnisse haben, Empfinden, Fühlen,Vorstellen, Wollen.

2. der einheitliche Zusammenhang psychischer Erlebnisse;

3. ein aufmerksames Erleben, eine besondere Art desselben, ein „Wissen“ bzw. ein Gewußtsein von verschiedener Klarheit und Sicherheit (s. Gewißheit).

* Die „Bewußtheit“ selbst ist nicht definierbar; sie ist etwas Ursprüngliches, nicht weiter Ableitbares, wenn auch empirisch an gewisse Bedingungen gebunden

* „Bewußt“ ist etwas, sofern es a) psychisches Erlebnis, Inhalt oder Gegenstand eines solchen ist, b) sofern es ein gewußter Erlebnisinhalt oder ein gewußtes Erleben selbst ist, c) sofern es endlich auch noch als Zustand des lch erfaßt, ins „Selbstbewußtsein“ erhoben ist.

* Das B. umfaßt dasjenige, was erlebt, weiß („Bewußtseinssubjekt“, „Subjekt“), und das, was erlebt, gewußt wird (das „Bewußtseinsobjekt“).

* Zu unterscheiden sind auch Individual- und Gesamtbewußtsein, ferner „Allbewußtsein“, als welches Gott vielfach aufgefaßt wird.

* Ein „Momentanbewußtsein“ wird mancherseits (Leibniz, Fechner, Wundt, Kühtmann u. a.) schon den niedersten Wesen zugeschrieben (s. Panpsychismus). https://archive.org/details/eislershandwrte00fregoog/page/100/mode/2up?view=theater (Es folgt der Artikel „Bewußtsein, erkenntnistheoretisch“) Das allgemeine Wissen der Zeit repräsentiert Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905).

Von der Tradition setzte sich Fritz Mauthner kritisch ab. Ich fasse die Gedanken seines Artikels „Bewußtsein“ im Wörterbuch der Philosophie (1923) zusammen:

Das Substantiv Bewußtsein drückt gar nichts andres aus, als die Summe derjenigen innern Tätigkeiten, die wir mit einem andern Worte als unser geistiges Leben zusammenfassen.

Bewußt-sein ist also ein sogenannter Zustand, nicht ein Vorgang des Bewußt-werdens; wir können diese Kopulation nicht in flagranti ertappen, offenbar deshalb nicht, weil die Aufmerksamkeit auf das psychische Erleben immer nachhinkt. Dieser Zustand wird charakterisiert durch eine Empfindung des innern Sinnes, die wir nicht anders als mit dem Adjektiv bewußt bezeichnen können.

Ich möchte dreierlei Gruppen des Sprachgebrauchs auseinandergehalten wissen und werde, weil die Sprache ungefällig ist, bei der Darstellung wieder zu dem eben von mir verpönten Substantiv Bewußtsein zurückgreifen. Der ersten Gruppe gehört das Bewußtsein an, wenn wir von einem Ohnmächtigen sagen: er erhole sich, das Bewußtsein kehre ihm wieder zurück.

Einer zweiten Gruppe scheint Bewußtsein im Sinne von Aufmerksamkeit anzugehören; wir nennen da das Handeln, das Denken, ja selbst den Charakter eines Menschen bewußt, wenn er mit nicht gewöhnlicher Besonnenheit handelt oder denkt.

Eine dritte kleine Gruppe bilden endlich diejenigen Gebrauchsformen der Philosophensprache, in denen der Glaube ausgedrückt oder der Schein festgehalten wird, daß der denkende Mensch, indem er seine eigene Gehirntätigkeit in den Blickpunkt seiner Aufmerksamkeit rückt, an dem innern Vorgange zwei Gegenstände zugleich betrachten könne: das Subjekt und das Objekt, das Ich und die Vorstellung. Es liegt auf der Hand, daß nur sehr wenige Menschen Geistesturner genug sind, um eine solche Operation vorzunehmen, d.h. sich eine solche Operation vorzustellen. Es ist dabei der Begriff der Reflexion nicht zu umgehen, einer Zurückbiegung des Geistes, die man unhöflich sogar als Verrenkung bezeichnen könnte. Wie wir uns nämlich auch drehen und wenden mögen, wir finden keinen Standpunkt, von dem aus das Ich zu erblicken wäre. Natürlich nicht, weil das Ich die Kontinuation des Gedächtnisses ist und niemals mit der Stecknadelspitze des gegenwärtigen Momentes aufzuspießen. Das Ich ist immer nur die Anknüpfung der individuellen Vergangenheit an die augenblickliche Gegenwart, ist also immer ein Phantasieprodukt; man sagt darum mit Recht: wir haben keine Distanz zu uns selber. Daher die unglücklichen Versuche, dieses Bewußtsein (im engsten Sinne) zu erklären als: Wissen vom Wissen, Empfindung der Empfindung; der Begriff Selbstbewußtsein gehört selbst in die Reihe dieser Sprachverrenkungen. http://www.zeno.org/Mauthner-1923/A/Bewu%C3%9Ftsein?hl=bewustsein

Vgl. auch Nietzsche: Die Fröhliche Wissenschaft, Nr. 354

Einen Überblick über den Stand der heutigen Psychologie gibt der Artikel „Bewusstsein“ in Dorsch: Lexikon der Psychologie, den ich auf seinen Kern reduziere und in dem drei Sichtweisen auf das Problem referiert werden:

Bewusstsein [engl. awareness, consciousness], [BIO, KOG, PHI], zum Phänomen Bewusstsein gibt es versch. Perspektiven und Zugänge. Eine erste ist am Erlebnisaspekt orientiert. Danach ist Bewusstsein zum einen die Gesamtheit der Erlebnisse, d. h. der erlebten psych. Zustände und Aktivitäten (Vorstellungen, Gefühle usw.); zum Bewusstsein gehört zusätzlich zu diesen bewussten Zuständen oder Aktivitäten auch noch die Tatsache ihres Bewusst-Seins, die besondere Art des unmittelbaren Gewahrseins dieser Erlebnisse, die man auch als innere Erfahrung bez. kann.

Auf der Grundlage dieser Perspektive können spez. psych. Phänomene beschrieben werden, aber auch die Eigenart und Struktur des Bewusstseins i. Allg. Mehrere, z. T. sehr unterschiedliche psychol. Richtungen haben hierzu beigetragen: (1) Der Bewusstseinsstrom (James) zeichnet sich aus durch stetige Veränderung bei gleichzeitiger Kontinuität; die zeitlich aufeinanderfolg. sowie die gleichzeitig bestehenden Bewusstseinsinhalte werden als Teil eines Bewusstseins erlebt (Einheit des Bewusstseins); (2) die Zahl der zu einem Zeitpunkt gegebenen Bewusstseinsinhalte ist begrenzt (Bewusstseinsenge). (3) Bewusstseinsinhalte haben ein Zentrum und eine Peripherie (in der Gestaltps.: Figur-Grund-Verhältnis); (4) Bewusstseinsinhalte sind nicht auf elementare Empfindungen reduzierbar (sie sind mehr als die «Summe» ihrer Teile); sie sind z. T. unanschaulicher Natur; (5) Bewusstsein von Begriffen (Bewusstheit und Bewusstseinslage), ein großer Teil von ihnen besitzt Intentionalität (Intention), ist auf etwas gerichtet (Wahrnehmung von etwas, Furcht vor etwas).

Eine zweite Perspektive, diejenige der Kognitiven Psychologie, betont die Funktionen des Bewusstseins, seine Rolle im Prozess der menschlichen Informationsverarbeitung. Hierbei wird i. Allg. davon ausgegangen, dass ein großer Teil der Informationsverarbeitung nicht von Bewusstsein begleitet ist. Dem Bewusstsein zugeordnet werden v. a. das aktivierte Gedächtnis, die fokale Aufmerksamkeit und die kontrollierten (nicht automatischen) Prozesse der Informationsverarbeitung.

Zunehmende Bedeutung gewinnt der von den Neurowiss. gewählte Zugang, der teilweise mit dem kognitionswiss. kombiniert wird. Man gewinnt ein ständig erweitertes und verfeinertes Wissen darüber, welche Teilstrukturen des Gehirns mitwirken müssen, damit die mit Bewusstsein verbundenen psych. Vorgänge (bewusste Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Sprache, Entscheiden und Problemlösen) ablaufen können. Eine bes. wichtige Rolle für Bewusstsein spielen die Strukturen innerhalb der Großhirnrinde (Kortex). Dennoch wäre es falsch, den Kortex als «Sitz» des Bewusstseins zu betrachten, denn ohne subkortikale Strukturen ist kein Bewusstsein möglich: Der Grad der Wachheit (vom Tiefschlaf über den Zustand entspannter Wachheit bis hin zu erregter Aufmerksamkeit) wird durch das komplexe retikuläre System (Formatio reticularis) reguliert. (…) Es wird vermutet, dass es zu Bewusstseinszuständen dann kommt, wenn kreisende Erregungen in Zellverbänden eine gewisse Intensität erreichen.

Vieles spricht dafür, dass auch einige nicht menschliche Lebewesen Bewusstsein haben. Kriterien für Bewusstsein (jedoch nicht mit Bewusstsein gleichzusetzen) sind hierbei v. a. die Fähigkeit zum Problemlösen, der Gebrauch von Symbolen und das Sich-selbst-Erkennen im Spiegel (Rouge-Test).

Was die genannten Perspektiven oder Zugänge angeht, so wird heute z. T. die Sichtweise vertreten, dass die ältere, auf den Erlebnisaspekt bezogene, von geringerer Bedeutung und Aktualität sei als die beiden anderen, insbes. als die vielversprechende neurowiss. Andererseits erfasst die Erlebnisbeschreibung aber eine Seite des Psychischen, deren Existenz schwerlich geleugnet werden kann und die zugleich durch die anderen Zugänge nicht erfassbar ist. Insofern erscheint es angemessen, davon auszugehen, dass die dargestellten Perspektiven nicht nur in Konkurrenz zueinander stehen, sondern einander auch ergänzen. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/bewusstsein

Einen soliden kurzen Überblick über die Psychologie des Bewusstseins gibt es hier: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/bewusstsein/2317 oder hier: https://www.spektrum.de/news/kognition-was-ist-bewusstsein/1681458. Zwei große Artikel sind https://www.philoclopedia.de/was-kann-ich-wissen/philosophie-des-geistes/qualia/ (von den Qualia ausgehend → Bewusstsein; die Beschreibung der Erklärungsmodelle gerät etwas abstrakt) und der Artikel Hans-Dieter Mutschlers (https://www.herder.de/thph/hefte/archiv/92-2017/1-2017/was-ist-bewusstsein/), in dem die neuen philosophischen und naturwissenschaftlichen Theorien (v.a. Metzinger, Nagel; Husserl, Merleau-Ponty, Waldenfels; Wittgenstein, Tugendhat; Cramer, Henrich, Frank; beklagt Isolation der Diskurse → Unableitbarkeit des Ichbewustseins; Fazit: verschiedene komplementäre Ansätze, die sich ergänzen sollten) vorgestellt und diskutiert werden. Kritisch gegen den Begriff des Bewusstseins, eine Philosophie des Bewusstseins und jeden Dualismus äußert sich Christian Hoppe (https://scilogs.spektrum.de/wirklichkeit/was-ist-bewusstsein/), ähnlich wie schon Mauthner.

Der Artikel „Bewusstsein“ in der Enzyklopädie Philosophie (Bd. I, S. 278-290) stammt von Thomas Metzinger. Er schreibt

1. Zum Begriff, wobei er verschiedene Verwendungsweisen aufzählt:

  • Bewusstsein als einstelliges Prädikat im Sinn von wach sein
  • zweistellig: etwas wahrnehmen, denken etc. (+ Aufmerksamkeit)
  • eine Eigenschaft mentaler Zustände, deren Inhalte verfügbar sind und deren Erlebnisqualität man kennt
  • Aufmerksamkeit auf eigene mentale Zustände
  • Selbstbewusstsein von sich als identischer Person

In der modernen Psychologie und Kognitionswissenschaft wird der Begriff verschieden verwendet. Es ist deshalb „fraglich, ob B. überhaupt ein einheitliches Phänomen ist“. Es ist zudem ein vertrautes Phänomen, das aber schwierig begrifflich zu erfassen ist.

Eine Definition liefert Metzinger nicht, er berichtet nur über Wortgeschichten (conscientia, cogitatio, apperceptio, sensus internus).

2. Die Begriffs- und Problemgeschichte überspringe ich, man kann sie auch im Historischen Wörterbuch der Philosophie nachlesen; eigentlich ist das ein Besuch auf dem Friedhof der verstorbenen Begriffe.

3. Stand der Forschung

Das Problem besteht darin, dass Wissen aus der Perspektive der ersten Person und aus einer Außenperspektive gewonnen werden kann.

3.1 Phänomenologische Merkmale des bewussten Erlebens

  • Qualia wahrnehmen
  • Homogenität der Empfindungen
  • erlebte Gegenwart
  • integriert in eine Welt, eine Ganzheit
  • das Erlebte ist dynamisch, kann sich ändern,
  • ist an Erste-Person-Perspektive gebunden

3.2 Physische Korrelate des bewussten Erlebens

Die Ausführungen sind für Laien schwer verständlich. Es gibt viele Hypothesen zu seiner Funktion (unter V): Optimierung sozialer Kognition und Koordination, Planung, Voraussage usw.

3.3. Theoretische Modelle innerhalb der Gegenwartsphiloophie

erklären B. z.T. als innere Wahrnehmung, z.T. als Kognition höherer Ordnung. Bei den ontologischen Optionen ist v.a. strittig, ob das Erleben der Qualia auf biologische oder physikalische Prozesse reduziert werden kann. Im Hintergrund steht das Leib-Seele-Problem. Heute wird bereits die Möglichkeit künstlichen B. diskutiert.

P.S. Theorie des Bewußtseins

Das ist der Titel eines Buchs von Gerhard Frey (1980), in dem mehrere Aufsätze zum Thema Bewusstsein versammelt sind; dabei wird klar, dass es eine geschlossene Theorie des Bewusstseins nicht geben kann. Frey untersucht vor allem die Reflexion als eine zentrale Funktion des Bewusstseins und bindet Bewusstsein damit an das Sprechen bzw. die Sprache, die ihrerseits ein hochgradig reflexives Geschehen ist (Prädikate,

  • die sich auf den Wahrheitswert einer Aussage beziehen
  • die sich auf Sinn beziehen
  • die sich auf den Realitätscharakter beziehen usw., S. 22 ff.).

Alle Sprechakte sind Ausdruck von reflexiven Akten unseres Bewusstseins. Der Mensch ist nur insofern ein bewusster Mensch, als er in eine Sprach-, Lebens- und Handlungsgemeinschaft eingebettet ist. Die wichtigsten (aber nicht alle!) Bewusstseinsfunktionen sind Wahrnehmung, Abstraktion, Intentionalität, Reflexion, Kommunikation. Abstraktion muss nicht primär als Verallgemeinerung, sondern als Selektion verstanden werden (von etwas absehen = etwas anderes hervorheben). Kommunikation und Gespräch sind nicht nur Ergebnis, sondern auch Voraussetzung für das Zustandekommen reflexiver Akte. Die Interaktion eines Systems mit einer Umwelt erfordert offene Modelle, Bewusstsein muss als offen und unabschließbar angesehen werden. Die Reflexion sichert Bewusstseinsinseln, führt durch Kritik aber auch zu ihrer Auflösung und zur Bildung neuer Inseln.

Selbstbewusstsein kann als Ergebnis einer Abgrenzung verstanden werden, durch die das Ich sich vom Du, von anderen als gleichartig empfundenen Menschen unterscheidet. Der Akzent liegt bei Frey also eindeutig auf dem Bewusstsein, das Selbstbewusstsein spielt kaum eine Rolle.

Außerdem:

https://www.geo.de/wissen/gesundheit/22812-rtkl-bewusstsein-wie-wir-lernen-wer-wir-sind (Interview mit Kristina Musholt über Selbst-Bewusstsein)

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Bewusstsein (großer Artikel, viele Perspektiven, leicht verständlich, z.T. verlinkte Quellen)

https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/bewusstsein/319 (Artikel aus dem Metzler Lexikon Philosophie)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein (guter Überblick)

Gedanken zur Berufswahl

Denke ich mir einen Menschen der in blühendem Jugendalter sich zum höchsten Bewusstsein über sich selbst zu erheben vermöchte, so würde er den Stand und das Mass seiner Kräfte sorgfältig überschlagen, er würde untersuchen, auf welche Gebiete menschlichen Thuns seine Hauptanlagen hinweisen, er würde dann den Lebenskreis prüfen innerhalb dessen er zu wirken hat, er würde nach den öffentlichen Aufgaben spähen die ihrer Lösung harren: und aus der Vergleichung der allgemeinen Lage mit seiner individuellen Leistungsfähigkeit würde er zur Wahl und Begrenzung der Ziele gelangen, für die er seine Existenz einzusetzen bereit wäre. Hat er sich in den erworbenen Anschauungen über die Welt und sich selbst nicht geteuscht, hat ihn gereifte Einsicht oder glücklicher Blick in sich wie ausser sich das Richtige erkennen lassen: so werden manche irreführende Phantome vor ihm entweichen, er wird durch Beharrlichkeit vielleicht den höchsten Platz einnehmen der ihm nach seinen natürlichen Anlagen zusteht.

Wilhelm Scherer: Widmung zur ersten Ausgabe (Zur Geschichte der deutschen Sprache. Zweite Ausgabe, Berlin 1890, S. IX)

Diese Gedanken Scherers zeichnen ein Ideal, das man als junger Mensch leider kaum oder nie erreicht, das aber trotzdem nachträglich überzeugt, wenn man auf sein Leben zurückblickt, das durch manche irreführende Phantome bestimmt wurde. Bei allem Bestreben, allen Menschen die gleichen Startchancen zu geben, kommen wir an elementaren Einschränkungen der Gleichheit nicht vorbei: In welchem Land wurde ich geboren? In welche soziale Schicht wurde ich geboren? In welches Elternhaus wurde ich geboren? Das ergibt große finanzielle, soziale, psychische Unterschiede, die nicht zu überwinden sind, außer durch die Lösung Platons (staatlich kontrollierte Elternschaft, gemeinsame Erziehung aller unter staatlicher Aufsicht usw.). Und diese Einschränkungen verhindern in der Regel, dass ein junger Mensch sich zum höchsten Bewusstsein seiner selbst zu erheben vermag. Anmerkung am Rande: Das ist ja kaum den Alten möglich!

M. Gabriel: Ich ist nicht Gehirn – Besprechung

Philosophie des Geistes für das 21. Jahrhundert. Ullstein Buchverlag 2015

Der erste Satz nach der Lektüre muss sein: Ich bin von diesem Buch enttäuscht. Es enthält eine Reihe von Gedanken, aber keinen Gedankengang – zu gern bekämpft der Verfasser Markus Gabriel die von ihm so genannte Neuromanie oder den Neurozentrismus, zu gern erfindet er neue Wörter und zeigt er seine Gelehrsamkeit, zu gern schwelgt er in seiner Kenntnis vieler Filme und in kulturkritischen Randbemerkungen. Und weil er feuilletonistisch schreibt und vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt, kann er keinen klaren Gedankengang entwerfen, sondern wiederholt sich oft und gern (z.B. die Unterscheidung von hinreichenden und notwendigen Bedingungen). Schon für die Einleitung braucht er gut 36 Seiten – zwei bis drei hätten genügt.

Gabriel will die Hintergründe der Begriffe Bewusstsein, Selbstbewusstsein und Ich voraussetzungsfrei erläutern und auf dieser Grundlage unsere Freiheit verteidigen; das erste Ziel hat er nur in Ansätzen erreicht, das zweite besser. So wird zum Beispiel nicht klar, was nun wirklich das Bewusstsein ist:

  • propositionale Einstellungen haben können,
  • sich als Ich (Zentrum eines Geschehens) erleben
  • wissen, dass es fremdes Bewusstsein gibt (S. 103 ff.).

Dann wird auch Tieren Bewusstsein zugestanden, wobei nicht diskutiert wird, ob sie wissen, dass es fremdes Bewusstsein gibt. Ohne Verbindung mit dem bisher Gesagten wird dann unterschieden zwischen intentionalem (auf etwas gerichtet) und phänomenalem (auf die qualia gerichtet) Bewusstsein (S. 122 f.); damit wird die Unterscheidung von Eindrücken (impressions) und Ideen (ideas, nach Hume) verbunden (S. 131 ff.), damit der Unterschied zwischen Empirismus und Rationalismus. Zuvor ist schon der Homunculus (wie später noch oft) geschlachtet (S. 76 ff.) und der Empirismus widerlegt worden (S. 92 ff.); am Ende wird die These der Unhintergehbarkeit der Lebenswelt erläutert (S. 141 f.) – aber was ist nun Bewusstsein?

Noch unklarer bleibt das Selbstbewusstsein (S. 158 ff.). Zum Begriff des Ich werden nach der Unterscheidung von Bündel- und Substanztheorie des Ichs (S. 201 ff.) Gedanken Meister Eckharts, Fichtes und Freuds referiert (S. 214 ff.) und kritisiert; am Ende gibt es eine Zusammenfassung auf niedrigem Niveau (S. 261 f.). Das Beste ist noch das, was Gabriel zur Rettung des freien Willens schreibt, indem er den Satz vom zureichenden Grund (Leibniz) kommentiert. Aber was er dann wieder alles zu Schopenhauer schreibt (S. 297 ff.), den er nicht mag, hat großenteils nichts mit dem Problem der Freiheit zu tun.

Markus Gabriel hat also zu schnell und zu unkontrolliert geschrieben, als dass er ein klärendes Buch hätte schreiben können. Und manches ist auch einfach nicht richtig – zum Beispiel seine Erklärung der Säkularisierung (das vermeintlich die Moderne kennzeichnende Verschwinden der Religion zugunsten nicht-religiöser, vor allem naturwissenschaftlicher Erklärungen, S. 49). Die Lektüre des Buches ist nicht zu empfehlen, es sei denn, man wollte ein paar Kampfbegriffe kennenlernen, mit denen man um sich schmeißen kann. Gabriel bietet nicht Philosophie für das 21. Jahrhundert, wie der Untertitel ankündigt, sondern bestenfalls fürs Feuilleton am Wochenende.

https://www.perlentaucher.de/buch/markus-gabriel/ich-ist-nicht-gehirn.html (Referat J. Bisky, kritisch)

http://www.neues-deutschland.de/artikel/991140.das-gehirn-und-die-gurken.html (ein satirischer Verriss, glänzend)

http://www.deutschlandradiokultur.de/dahmarkus-gabriel-ich-ist-nicht-gehirn-der-mensch-ist-mehr.950.de.html?dram:article_id=340930 (positiv)

http://www.juraforum.de/wissenschaft/plaedoyer-fuer-die-freiheit-des-willens-535298 (na ja, die Juristen…)

http://www.fr-online.de/kultur/philosophie-wirklichkeit-von-der-idee-einer-welterklaerung,1472786,30841560.html (Gespräch mit M. Gabriel)

http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/buchkritik/buchbesprechung-markus-gabriel-ich-ist-nicht-gehirn/-/id=658730/did=16671032/nid=658730/1lfxwds/index.html (dito)

= https://player.fm/series/swr2-literatur-71863/neuerscheinungen-forum-buch-121419606 (dort abspielen)

Volker Gerhardt: Selbstbewusstsein

V. Gerhardt: Selbstbestimmung (1999), 5. Kapitel: Selbstbewußtsein

1. Der Mensch muss sich begrifflich in der Differenz zu anderen Lebewesen und in seinen spezifischen Leistungen auslegen (Anthropologie) [und dabei in der Gegenwart ansetzen].
2. Wenn man den Menschen vorläufig („rhetorisch“) als Mängelwesen definiert, muss man ihn letztlich als handelndes Wesen (mit vielen offenen Dispositionen und der Fähigkeit zur Selbstkorrektur und Selbststeuerung) begreifen.
3. Der Mensch kann die Selbstbewegung (als Lebewesen) nach eigenen Vorstellungen (mit ausdrücklichem Bezug auf seinesgleichen) ausführen, das heißt: handeln.
4. Das Selbstbewusstsein ist eine Außenperspektive, in der man Positionen von möglichen Anderen einnehmen kann und die auch von anderen Menschen geteilt werden kann („exzentrische Positionalität“, Plessner).
5. Geht der Blick im Selbstbewusstsein auf sich zurück, entdeckt er den Leib als „Instrument“ des sozialen Handelns.
6. Selbstbewusstsein ist das Medium einer auch für den Blick der anderen offenen, also prinzipiell öffentlichen Lebensform des Menschen, der „ich“ sagt und meint.
7. Begriffe sind Leistungen des Selbstbewusstseins, die es erlauben, sich (mit anderen) auf ein bestimmtes identisches Ding zu beziehen.
8. Das Selbstbewusstsein ist objektiv auf einen Sachverhalt bezogen, in dem es sich einem anderen Selbst mitteilt (mit dem Anspruch auf Zustimmung).
9. Da Selbstbewusstsein Verweisung auf etwas für jemand anderen ist, hat jeder Begriff von Anfang an eine soziale Determination; in seinem Wissen erkennt der Mensch sich dann selbst.
10. Selbstbewusstsein ist Aufmerksamkeit und Bereitschaft zu handeln, ist selbst ein Handeln; es ist der originäre Akt unseres Selbst- und Weltverständnisses.
Zusammenfassende Definition: „Das Selbstbewusstsein ist die für Andere offene, weil ursprünglich auf Gemeinsamkeit angelegte Instanz des ursprünglich auf anderes bezogenen individuellen Handelns.“ (S. 229)